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  • AutorenbildSimone Bingemer

Rubens und Lebrun – Der Strohhut

Aktualisiert: 4. Jan.


Gemalt von Elisabeth Vigeé Lebrun
Portrait aus dem 17. Jahrhundert

Ca. 1. Hälfte 17. Jahrhundert, Öl auf Holz, 79 × 54 cm, London, National Gallery


Diesmal habe ich mir gleich zwei wunderbare Portraits ausgesucht, die ich vorstellen möchte. Zunächst einmal fällt einem die offensichtliche Ähnlichkeit der Bilder auf. Auf beiden sind blühende junge Frauen zu sehen, Fein gekleidet und mit prächtigen Hüten stehen sie jeweils vor einer lebhaften Himmelslandschaft. Sogar die Farbpalette scheint ähnlich. Doch dann hört es auf mit der vordergründigen Vergleichbarkeit. Die Portraits sind in einem zeitlichen Abstand von fast 200 Jahren entstanden. Das Eine, gemalt von Peter Paul Rubens mit dem Titel „Der Strohhut“ 79 x 55cm entstanden ca. 1625, hängt heute in der National Gallery London. Ebenso in der National Gallery London hängt das „Selbstbildnis mit Strohhut“ von der am 16. April 1755 in Paris geborenen und am 30. März 1842 in Paris verstorbenen Malerin Elisabeth Vigeé Lebrun. Bevor ich im Einzelnen auf die Beschreibung der Bilder eingehe, möchte ich mit einer Anekdote zu dem irreführenden Titel vom Rembrandts Portrait „Der Strohhut“ beginnen. Der Titel „Der Strohhut“ ist einem Übersetzungsfehler geschuldet. Das Bild wurde versehentlich in einem Pariser Katalog mit „Chapeau de Paille“ betitelt. Zur Entstehungszeit des Gemäldes im 17. Jahrhundert waren jedoch Filzhüte in Mode.

Ich beginne mit Rembrandts Portrait. Es zeigt eine junge, erblühende Schönheit. Den Kopf etwas geneigt unter dem großen, elegant geschwungenen mit Straußenfedern besetzten schwarzen Hut. Ihren Blick hält sie leicht gesenkt und auf etwas außerhalb des Bildrands gerichtet. Die Arme lose verschränkt unter der Brust. Das Dekolleté, spärlich von einem weißen Hemd, strahlt wie auch ihr Gesicht in einem perlfarbenen Hautton. Die Kleidung ist aufwändig. Mit samtroten, schweren Ärmeln unter denen an den Schultern geraffte weiße Puffs besetzt mit rosafarbenen Schleifen hervorstehen. An den Handgelenken Spitzenbesatz und um die Schultern einen locker geschwungenen zartgrauen Schal. Im Hintergrund sieht man einen teilweise blauen Himmel auf dem sich vom rechten Bildrand her dunkle Wolken drängen. Die Farben sind leicht und duftig aufgetragen, dem zarten, jungen Mädchen entsprechend. Noch ist es hell auf diesem Bild. Das Licht fällt von links oben auf das durch den Hut leicht verschattete Gesicht und fokussiert sich auf dem blühenden Dekolleté. Ich stelle mir vor das Portrait sollte einen etwaigen Bräutigam bezirzen. Fast verlegen und etwas scheu meidet sie den Blick des Betrachters. Sie vermittelt eine sanfte Hingabe. Fast möchte man sie bewahren vor den schon heraufziehenden Dunkelheiten des Lebens.

Ganz anders dagegen das Selbstportrait von Elisabeth Vigeé Lebrun. Auch sie stellt sich vor einem blauen Himmel mit von unten aufziehenden dunklen Wolken dar. Ähnlich einem Abendhimmel, bei dem der Horizont schon im nächtlichen Dunkel verschwindet, während die letzten Sonnenstrahlen ihr Licht auf die schöne, junge Frau ergießen. Sie steht da, selbstbewusst, in aufrechter Haltung sieht sie den Betrachter unmittelbar fast heiter an. Für diesen „Auftritt“ hat sie sich gekonnt inszeniert. Ihre Kleidung zeugt von Eleganz und feinem Geschmack. Auf dem Kopf trägt sie einen geschwungenen und mit sommerlichen Blumen und Straußenfedern geschmückten Strohhut. Er beschattet ihr Gesicht nur halb und auch hier fällt das Licht ganz prächtig auf ihr makelloses Dekolleté. Das Kleid aus Englisch Rot farbener Seide ist in der Taille zusammengenommen mit einem kostbaren Band. Ausschnitt und Ärmelbesätze sind aus feinem, locker gefaltetem weißem Stoff. Und um die Schultern hat sie einen schwarzseidenen mit schwarzer Spitze besetzten Schal geschlungen. Sie präsentiert sich auf der Höhe ihres Ruhmes. Ihr linker Arm liegt lässig auf einer steinernen Balustrade. In der Hand hält sie die Insignien ihrer Kunst: Palette und Pinsel. Auch den anderen Arm hält sie ebenso lässig mit einer dem Betrachter leicht entgegengestreckter Hand vor ihrem Körper. Die Hand ist leicht geöffnet und wirkt wie eine Einladung: Bitte sehen Sie mich nur gut an! Das bin ich und das kann ich! Sie tritt einem siegreich und heiter entgegen. Eine Frau, die schon viel erreicht hat im Leben.

Elisabeth Vigée Lebrun war zu ihren Lebzeiten die wohl berühmteste Malerin Frankreichs. Sie hat unzählige wunderbare Portraits für Marie Antoinette und den Adel geschaffen. Sie war Hofmeisterin und fast hätte sie das ihr Leben gekostet. Nur in letzter Not gelang ihr die Flucht mit ihrer Tochter durch halb Europa und schließlich blieb sie dann viele Jahre.

Sie war eine geistreiche, sehr begabte, schöne und unendlich fleißige Frau, die ganz alleine sich selbst und ihre Tochter zu Reichtum,

Ruhm und Einfluss verholfen hat.m russischen Hof. Mit Ludwig dem 16. Und Marie Antoinette endete auch fast der gesamte Adel und deren Gefolgsleute auf dem Schafott. Mein nächster Besuch in London gilt diesen beiden großartigen und bei aller Ähnlichkeit so unterschiedlichen Portraits, die beide ihre Heimat in der National Portrait Gallery gefunden haben.

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